Bei Wohnungsvermietungen gilt es schon, für Immobilienkäufe wird die Einführung nun diskutiert: das Bestellerprinzip. Es besagt, dass den Makler bezahlt, wer ihn bestellt. Was eine Ausweitung des Bestellerprinzips auf Kaufimmobilien für Wohnungskäufer und Marktpreise bedeuten würde, erklärt Stephan Scheibe, Teamleiter Wohnimmobilien in Stuttgart bei Dr. Lübke & Kelber.
Wohl kaum. Die Befürworter dieses erweiterten Bestellerprinzips argumentieren, dass Wohnungskäufer weniger Kaufnebenkosten entrichten müssten, wenn der Verkäufer die gesamte Maklerprovision zu zahlen hätte. Es ist grundsätzlich ja auch eine gute Idee, Wohnungskäufer zu unterstützen und die viel zu geringe Wohneigentumsquote in Deutschland zu erhöhen – aber das Bestellerprinzip ist das falsche Fördermittel dafür, weil es am Ende beim privaten Wohnungskäufer gar nicht ankommen wird.
Was der Käufer durch das Bestellerprinzip an Kaufnebenkosten einsparen würde, würde an irgendeiner anderen Stelle wieder auf ihn umgelegt werden. Wenn zum Beispiel der Verkäufer die volle Maklerprovision zahlt, dann wird er seine zusätzlichen Kosten auf den Kaufpreis aufschlagen. Wenn ein Bauträger eine Eigentumswohnung direkt und ohne Makler verkauft, dann wird er den Kaufpreis ebenfalls erhöhen – mit dem Argument, der Wohnungskäufer habe ja weniger Kaufnebenkosten. Ähnliches haben wir gerade beim Baukindergeld erlebt, der 2018 eingeführten Eigentumsförderung für Familien: Es gibt inzwischen mehrere Erhebungen, die besagen, dass das Baukindergeld zu höheren Kaufpreisen geführt hat.
Aber ja. Einerseits eben, weil Zusatzkosten für Verkäufer sowie Einsparungen für Käufer in den Kaufpreis eingepreist würden. Das gilt insbesondere, wenn, wie es derzeit der Fall ist, die Nachfrage das Angebot stark übersteigt und Verkäufer auch höhere Preise gut durchsetzen können. Andererseits stabilisieren Makler den Markt und sorgen mit ihren Fachkenntnissen dafür, dass sich die Preisgestaltung einigermaßen im Rahmen hält. Wenn der Makler in Folge des Bestellerprinzips aber wegfällt, dann werden viele Häuser und Wohnungen zu überzogenen Preisen angeboten, was den Wohnungskauf weiter erschweren wird.
Es würde dazu führen, dass Wohnungskäufer keine Beratung mehr durch den Makler erhielten. Wenn der Verkäufer die gesamte Provision zahlt oder der Makler ganz wegfällt, kann er nichts mehr für den Käufer tun. Das ist für den Verbraucherschutz riskant, weil so ein Wohnungskauf erstens sehr komplex und zweitens sehr weitreichend ist, schließlich geht es um eine große Summe Geld, die eine Privatperson in der Regel kein zweites Mal in seinem Leben aufwenden wird. Den Käufer dabei völlig alleine zu lassen, kann sehr gefährlich werden.
In Baden-Württemberg wird die Maklerprovision in der Regel geteilt. Eine Hälfte zahlt also der Verkäufer, die andere der Käufer – das ist übrigens in den meisten Regionen Deutschlands der Fall. Je nach Marktlage kann es sich aber auch ändern. In Stuttgart, wo der Markt sehr angespannt und die Nachfrage außerordentlich hoch ist, zahlt der Käufer meist vier Prozent und der Verkäufer bis zu drei Prozent des Kaufpreises. Sollte sich der Markt irgendwann drehen und das Angebot die Nachfrage übersteigen, kann es aber auch passieren, dass der Verkäufer einen größeren Teil der Provision tragen muss. Die Maklerprovision ist nicht vorgegeben, sondern richtet sich nach den Gegebenheiten des Marktes.
Was immer wieder diskutiert wird, und was übrigens auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht, ist eine mögliche Reform der Grunderwerbsteuer. Bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises müssen Wohnungskäufer derzeit zusätzlich an den Fiskus entrichten. Deshalb gibt es Ideen, den Steuersatz zu senken oder einen Freibetrag für Ersterwerber einzuführen, um die Kaufnebenkosten zu verringern und Wohnungskäufer zu entlasten. Hier ein Modell zu implementieren, das insbesondere Haushalte mit mittleren Einkommen beim Erwerb eigengenutzter Immobilien entlastet, wäre aus unserer Sicht eine nachhaltigere Maßnahme.
Vielen Dank, Herr Scheibe
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